[661] Schiffahrtskanäle, Bd. 7, S. 631. Auf Schiffahrtskanälen mit Schleppdampferbetrieb hat man die Erfahrung gemacht, daß mit der Form des Kanalprofiles eine beträchtliche Veränderung vor sich geht, die in der Austiefung der Sohle in der Mitte und in beiderseitigen Auflandungen sich äußert.
Ueber die Größe dieser Veränderung gibt Fig. 1 ein Bild, das ein aufgemessenes Profil des Dortmund-Ems-Kanals nach sechsjähriger Benützung darstellt. Die Austiefung der Sohle ist an manchen Stellen so weit vorgeschritten, daß die unter einer schützenden Kieslage befindliche Dichtungsschicht durchwaschen wurde. Diese Erfahrungen hatten zunächst zur Folge, daß man den Kanalprofilen nunmehr statt der bisher üblichen Trapezform mit horizontaler Sohle, die sogenannte Mulden- oder Schalenform mit geneigter Sohle gibt und außerdem die Wassertiefe in der Profilmitte auf 3 m vergrößert (Fig. 2).
Eine besondere Ausbildung des Kanalprofils ist beim Rhein-Ems- (Herne-) Kanal zu erwähnen. Dieser liegt in seiner ganzen Länge von 38 km im Senkungsgebiet des Kohlenbergbaues, wo größere Bodensenkungen zu erwarten sind. Da jedoch mit Bergeversatz gearbeitet wird, dürfte die Absenkung nicht mehr als 4 m betragen. Bis zu diesem Maß soll der Kanal fähig sein, der Bodenbewegung zu folgen, ohne daß sein Wasserspiegel abgesenkt zu werden braucht. Um dies zu ermöglichen, ist die Leinpfadkrone 3 m über Wasserspiegel gelegt und dem Kanal gleich beim ersten Ausbau eine Wassertiefe von 3,5 m gegeben. Außerdem ist wegen des zu erwartenden sehr großen Verkehrs vorgesehen, daß der Wasserquerschnitt dreischiffig hergestellt werden kann.
Angeregt durch die obgenannten Erfahrungen, hat man in der Kgl. Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau zu Berlin »Modellversuche über den Schiffahrtsbetrieb auf Kanälen und die dabei auftretende Wechselwirkung zwischen Kanalschiff und Kanalprofil« angestellt und deren Resultate durch »Schraubenversuche im Durchstiche des Großschiffahrtsweges BerlinStettin bei Saatwinkel zur Ermittlung der Wirkung der Schraubenarbeit auf das Kanalbett« im großen ergänzt und bestätigt. Diese Versuche führten dazu, die bisher benutzten Einschraubenschiffe statt mit einem Ruder hinter der Schraube, nun mit zwei zu beiden Seiten des Schraubenstrahles angeordneten Rudern zu versehen, bei welcher Anordnung dann eine Beschädigung der Kanalsohle nicht mehr nachzuweisen war (Fig. 3).
In der Scheitelhaltung des berührten Großschiffahrtsweges Berlin-Stettin wurde auch die künstliche Dichtung des Kanalbettes abweichend von der bisherigen Art und Weise zur Ausführung gebracht. Beim Bau des Dortmund-Ems-Kanales wurde die Lehmdichtung des Kanalprofiles entweder von Hand gestampft oder mit Pferden durchritten. Hier hingegen hat man auf Grund vorher durchgeführter Versuche die Dichtungsschichte eingewalzt, was in folgender Weise erfolgt ist: In zwei Gruben wird der Ton mit Hilfe von Trockenbaggern in krümeligem Zustande gewonnen und in Kippwagen auf die Strecke gefahren. Dort wird er ausgekippt und[661] in einer Schicht von etwa 20 cm Stärke ausgebreitet. Durch sechs- bis achtmaliges Befahren mit Petroleummotorwalzen von 5000 kg Gewicht wird diese Schicht auf rund 15 cm Stärke zusammengepreßt. Es werden so viel Schichten aufeinander gewalzt, bis die verlangte Gesamtstärke erreicht ist. Auch auf den gewöhnlichen Böschungen des Kanals wird der Ton in wagrechten Schichten von derselben Stärke, die nach der Böschungsneigung gegeneinander versetzt sind, mit Motorwalzen eingewalzt. Am bellen eignet sich der Ton zum Einwalzen in grubenfeuchtem Zustande. An steilen Ufern oder bei Anschlüssen an die Brückenwiderlager wurden die Dichtungen aus Ziegelförmlingen in einzelne Schichten gepackt und abgerammt. Zur Herstellung der Tonpatzen war an passender Stelle nahe bei den Tongruben eine Ziegeleianlage, bestehend aus Kollergang und Ziegelpresse mit doppeltem Mundstück aufgeteilt worden. Je nach der Entfernung des Arbeitsgebietes von der Tongrube haben sich die Kosten für 1 cbm fertig eingebauter Dichtungsschicht beim Walzverfahren zu 3,504 ℳ beim Packen zu 5,606 ℳ ergeben. Hingegen haben die Versuche ergeben, daß die Verluste durch Verdunstung und Versickerung beim Walzverfahren etwa 2,5 mal (6,72 l pro km/Sek. gegen 2,68 l pro km/Sek.) so stark werden als beim Auskleiden des Kanalprofils mit Rohziegeln (Fig. 4).
Um schädliche Durchsickerungen von Kanaldämmen auf rasche Weise hintanzuhalten, hat M. Galliot, Ingenieur en Chef des Ponts et Chaussées, eine neue Dichtungsmethode am Kanal de Bourgogne erprobt, die sehr zufriedenstellende Resultate ergeben hat. Man treibt wasserseits in den Treppelweg eine Reihe zugespitzter Bohlen fugendicht bis unter die Sicherstellen ein. Dann zieht man einen Pfahl nach dem andern heraus, bringt in die derart geschaffenen Zellen (Löcher), deren zwei frische Erdwände mit knieförmig gebogenen Blechen gedeckt, die dritte Seite von der Betonfläche der vorher ausgefüllten Zelle und die vierte von dem noch ungezogenen nächsten Pfahl gebildet werden, trockenen Beton ein und stampft ihn mit einem langgestielten Stößel. Ist die Füllung der Zelle vollendet, zieht man den nächsten Pfahl und wiederholt die Arbeit in gleicher Reihenfolge (Fig. 5).
Auf diese Weise hat man im Kanaldämme eine vertikale Wand in Beton geschaffen, welche die Durchsickerungen unterbindet, von etwaigen Setzungen des Dammes unberührt bleibt und gegen Beschädigungen durch Schiffshaken geschützt ist. Die Kosten einer 2 m hohen Betonwand steilen sich in lehmig-sandigem Dammateriale und bei Verwendung von 500 kg Zement pro 1 cbm Schotter- und Sandgemenge auf ca. 12 Mark.
Literatur: [1] Zentralbl. d. Bauverw. 1912, S. 325, und 1911, S. 649 und 658. [2] Zeitschr. f. Bauwesen 1910, S. 455. [3] Zeitschr. f. Binnenschiffahrt 1911, S. 566. [4] Zeitschr. des österr. Ing.- und Arch.-Ver. 1911, S. 444, und 1910, S. 787. [5] XII. Internationaler Schiffahrts-Kongreß, Philadelphia 1912, 1. Abteilung: Binnenschiffahrt, Berichte von R. Bergius und W. Germelmann. [6] Annales des ponts et chaussées 1910, VI Novembre-Dezembre: »Etanchements des canaux par rideaux de béton dans les dignes« par M. Galliot.
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